Kaufpreismechanismen in M&A-Transaktionen
Beim Verkauf von Gesellschaftsanteilen entsteht systematisch das Problem, dass zum Zeitpunkt des Vollzugs des Kaufvertrages kein Finanzabschluss vorliegt. Der ökonomisch exakte Kaufpreis kann damit nicht per Vollzugsdatum berechnet werden. Gelöst wird das Problem mittels zweier verschiedener Kaufpreismechanismen: «Locked Box» und «Purchase Price Adjustment». Die beiden Mechanismen unterscheiden sich insbesondere in Bezug auf den Zeitpunkt, zu dem aus wirtschaftlicher Sicht Chancen und Risiken vom Verkäufer auf den Käufer übergehen. Die situationsadäquate Auswahl der Methode kann Risiken minimieren und die Transaktion erheblich beschleunigen.
Locked Box: Fixpreis vor Vollzug
Bei einem Locked-Box-Mechanismus wird ein Fixpreis auf der Basis des letzten verfügbaren Abschlusses festgelegt. Für den Zeitraum zwischen Abschlussdatum und Vollzug sichert sich der Käufer vertraglich gegen nicht vereinbarte, kaufpreismindernde Mittelabflüsse aus der zu übernehmenden Gesellschaft ab (sog. «No-Leakage»-Bedingungen). Solche Mittelabflüsse an den Verkäufer / Nahestehende sind zum Beispiel: Dividenden, Bonusbezüge, Beratungshonorare oder Management Fees. Der Cashflow resp. der Gewinn ab Abschlussdatum gehen auf Rechnung des Käufers, der per Vollzug den vereinbarten (und zu verzinsenden) Fixpreis bezahlt. Chancen und Risiken gehen dementsprechend aus wirtschaftlicher Sicht bereits per Abschlussdatum, d.h. vor Vollzug, auf den Käufer über (sog. «rückwirkende» Übernahme).
Purchase Price Adjustment: Kaufpreisanpassung nach Vollzug
Im Unterschied zum Locked-Box-Mechanismus versucht die Preisanpassungsmethode, den exakten Kaufpreis per Vollzugsdatum (d.h. per Datum des effektiven Eigentumsübergangs aus rechtlicher Sicht) zu bestimmen. Die Berechnung des Kaufpreises kann jedoch erst nach Vollzug erfolgen. Die Vertragsparteien einigen sich deshalb auf einen Basiskaufpreis und auf eine Kaufpreisanpassungsformel, welche auf einen nach dem Vollzug zu erstellenden Abschluss angewendet wird. Die Kaufpreisformel enthält typischerweise eine Überleitung vom Unternehmenswert zum Eigenkapitalwert über die Definition der Nettofinanzschulden und eines erforderlichen Bestandes des Nettoumlaufvermögens per Vollzugsdatum (siehe z.B. ZETRA-Blog-Eintrag «Nettofinanzschulden in M&A-Transaktionen»). Differenzen zum Basiskaufpreis werden mittels Ausgleichszahlungen zwischen Verkäufer und Käufer ausgeglichen. Somit kann der Verkäufer nicht sofort über den gesamten Kaufpreis verfügen, da er mit Ausgleichszahlungen bei Festlegung des finalen Preises rechnen muss. Die wirtschaftlichen Chancen und Risiken der Gesellschaft gehen – im Unterschied zum Locked-Box-Verfahren – erst per Vollzug auf den Käufer über.
Beide Methoden mit Vor- und Nachteilen
Der Vorteil des Locked-Box-Mechanismus liegt auf der Hand: Der Preis ist fix und wird nicht mehr angepasst. Bei der Purchase-Price-Adjustment-Methode wird zwar ein Basiskaufpreis und eine Kaufpreisanpassungsformel bestimmt, allfällige Kaufpreisanpassungen und entsprechende Ausgleichszahlungen erfolgen aber erst im Anschluss an den erfolgten Verkauf und können sich über Wochen oder auch Monate hinziehen. Die Unsicherheit in Bezug auf den finalen Kaufpreis steigt. Zudem erhöht sich das Risiko für Streitigkeiten, wie u.a. das Beispiel von Alpiq zeigt.
Zudem führt die Purchase-Price-Adjustment-Methode häufig zu höheren Kosten für Berater, Anwälte und Wirtschaftsprüfer im Vergleich zum Locked-Box-Mechanismus, erlaubt aber, den Kaufpreis per Vollzug genau zu bestimmen und demzufolge das Risiko von unerwarteten und nicht im Kaufpreis berücksichtigten Mittelabflüssen für den Käufer zu reduzieren. Schliesslich wird der dem Verkäufer zustehende Cash Flow des Unternehmens bei der Purchase-Price-Adjustment-Methode bis zum Vollzug in den Kaufpreis mit einberechnet, wohingegen beim Locked-Box-Mechanismus dies nur beschränkt möglich ist (z.B. Kaufpreisverzinsung).
Der Kaufpreismechanismus als wichtiges Element in einer M&A-Transaktion
Die Auswahl eines geeigneten Preismechanismus ist ein wichtiger Aspekt bei der Umsetzung einer M&A-Transaktion und sollte darauf abzielen, einen schnellen Abschluss eines Verkaufs bei möglichst tiefen Risiken und Kosten für die involvierten Parteien zu ermöglichen. Es gibt eine hohe Vielfalt von Gestaltungsmöglichkeiten. ZETRA kann sich dabei auf ein entsprechend umfangreiches Fachwissen und eine breite Erfahrung aus einer Vielzahl von Transaktionen abstützen.