OKTOPUSSE: DIE ALIENS UNTER UNS
Ein Oktopus hat drei Herzen und seine acht Arme können selbstständig riechen, schmecken und Entscheidungen treffen. Oktopoden sind zweifellos faszinierende Wesen, deren unglaubliche Intelligenz und Anpassungsfähigkeit die Wissenschaft staunen lässt. Doch was macht diese Tiere so einzigartig?
Oktopusse haben sich praktisch unabhängig vom Menschen entwickelt. Der letzte gemeinsame Vorfahr von Mensch und Oktopus lebte vor etwa 700 Millionen Jahren, was ihre Entwicklung zu einer dermassen intelligenten Spezies umso bemerkenswerter macht. Ihre besonderen Fähigkeiten, wie die Tarnung durch Farbwechsel, das Lösen von komplexen Problemen und die Nutzung von Werkzeugen, machen Oktopoden zu wahren Meisterinnen ihrer Umgebung.
Eine Theorie, die von einigen Wissenschaftlern aufgestellt wurde, besagt, dass Oktopoden möglicherweise nicht von dieser Welt stammen. Die Idee lautet, dass sie mit Meteoriten auf die Erde gekommen sind, was ihre einzigartigen Eigenschaften und ihre Unabhängigkeit von anderen intelligenten Lebensformen erklären könnte.
Kann es sein, dass Oktopoden nicht nur Bewohner unseres Ozeans, sondern auch Botschafter aus einem fernen, unbekannten Planeten sind? Wir beteiligen uns nicht an extraterrestrischen Spekulationen. Die Erforschung der Oktopoden und ihrer mysteriösen Herkunft bleibt auf jeden Fall ein spannendes wissenschaftliches Rätsel.
«Für mein mathematisches Gehirn ist es rein von der Wahrscheinlichkeit her völlig rational, über Aliens nachzudenken. Die eigentliche Herausforderung besteht darin, herauszufinden, wie Aliens tatsächlich aussehen könnten.»
– Stephen Hawking
Logistik-Monster: das Chinesische Neujahrsfest
Jeden Februar wird das chinesische Neujahr gefeiert – nicht nur in China selbst, sondern in fast ganz Asien. Man besucht dabei seine Familie, was die grösste jährliche Massenmigration auslöst.
Für globale Lieferketten kommt das Ereignis einem jährlichen Logistik-Erdbeben gleich, denn die meisten Fabriken in Asien werden für über eine Woche geschlossen, was eine höhere Nachfrage nach Ersatzlieferungen auslöst. Zudem führen die vielen Reisenden zu einer Verstopfung von Flughäfen und Häfen und weil alle Ferien haben, herrscht Arbeitskräftemangel, was die Abwicklung von Cargo zusätzlich verlangsamt. Das Fest gibt es jedoch schon seit über 2000 Jahren, man kann sich also darauf vorbereiten: Logistik-Unternehmen ermahnen beispielsweise ihre Kunden, Fracht vorauszubestellen.
Gemäss chinesischen Mythen dient das Neujahrsfest dazu, Nian, ein Monster, das unter dem Meer lebt, zu vertreiben. Der Sage nach erschien Nian vor allem im Frühling um Mitternacht, um Dorfbewohner (vorzugsweise Kinder) zu fressen – bis man herausfand, dass Nian Angst vor Feuerwerken und der Farbe Rot hat. Seither sind diese Elemente fester Bestandteil der Festivitäten.
«Plane das Schwierige, solange es noch einfach ist. Tu das Grosse, solange es noch klein ist, denn die schwierigen Dinge fangen stets einfach an, und die grossen Dinge fangen stets klein an.»
– Laotse
Mit Selbstgespräch zum Superhirn?
Zirka 20% der Menschen sind sogenannte auditive Lernende: sie nehmen Informationen am besten über das Gehör auf. Sie bevorzugen beispielsweise Vorlesungen und Podcasts gegenüber Büchern oder Infografiken – damit unterscheiden sie sich von den Lese-Schreib-Lernenden und den visuell Lernenden. Auditive Lernende speichern Informationen also am besten, indem sie sie mit einem Geräusch verbinden – beispielsweise mit Musik oder mit der Stimme, die sie ausspricht. Auch die eigene Stimme gilt. Wenn auditive Lernende sich Informationen wie z.B. eine Telefonnummer im Selbstgespräch laut vorlesen, gelingt die Informationsaufnahme am besten.
Können sich auditive Lernende also mit Selbstgesprächen zum Superhirn trainieren? Nicht ganz, denn obwohl sie sich auf diese Weise Sachen sehr gut merken können, heisst das noch lange nicht, dass sie Bedeutungen und komplexe Zusammenhänge verstehen. Für richtiges Lernen gibt es bis heute keine bekannten Abkürzungen.
«Wer lernen will, muss hören. Beim selbst Reden lernt man nichts.»
– Bernd Pischetsrieder
«Wie soll ich wissen, was ich denke, bevor ich höre, was ich sage?»
- Unbekannt
Beyond meat, beyond profits
Den Hype um Beyond Meat dürften die meisten miterlebt haben, seinen Absturz an der Börse allerdings vor allem die Aktionäre. Das Unternehmen präsentierte sich wie eine Tech-Firma, um auf dem Aktienmarkt auch als solche bewertet zu werden: Sie sprachen von Innovationszyklen, intern wurden Produktnamen wie Software versioniert, z.B. “Beyond Burger 3.5”. Dies geht zurück auf einen Trend, Unternehmen mit einem “digital mindset” zu führen und findet gemäss Harvard Business Review immer mehr Anklang.
Diese Denkweise lässt sich jedoch nicht auf alle Unternehmen oder Produkte anwenden, wie das folgende Beispiel von Beyond Meat aufzeigt: Bei einer frühen Version der Beyond Sausage gab es beispielsweise einen “Bug”: wenn man die Würste vertikal aufhängte, sackte der Inhalt nach unten, eine eher unappetitliche Eigenschaft, die sich entsprechend in den Verkaufszahlen widerspiegelte.
Bei der nächsten Version der Wurst wurde das Problem behoben, jedoch mit Millionenverlusten, da die fehlerhaften Würste ja schon produziert und ausgeliefert worden waren. Die Realität sieht bei industriell hergestelltem Essen also noch eher analog aus.
«Wenn man Digitalisierung richtig betreibt, wird aus einer Raupe ein Schmetterling. Wenn man es nicht richtig macht, hat man bestenfalls eine schnellere Raupe.»– George Westerman
Macht Arbeit Sinn?
In letzter Zeit haben immer mehr Menschen den Anspruch, sinnstiftende Arbeit zu leisten. Studien haben gezeigt, dass Arbeitnehmer:innen motivierter arbeiten, wenn sie ihre Tätigkeit als bedeutsam empfinden. Doch was bedeutet sinnstiftende Arbeit genau? Gibt es objektive Kriterien, um es zu definieren? Gemäss einer Management-Beraterin lässt sich Sinnhaftigkeit bei der Arbeit an vier entscheidenden Faktoren festmachen:
Resonanz – das Gefühl, dass wir gehört und verstanden werden
Selbstwirksamkeit – das Gefühl, dass wir mit unserer Arbeit etwas bewirken
Kreativität – die Möglichkeit, eigene Ideen umzusetzen
Identität – das Gefühl, dass wir uns in unserem Beruf wiedererkennen
Sinnstiftende Arbeit in diese Faktoren herunterzubrechen, hat Vorteile:
Man kann so konkrete Massnahmen ergreifen, um der Arbeit mehr Sinn zu geben. Egal, welcher Tätigkeit man nachgeht oder in welcher Branche man tätig ist. Dies ist auch für Arbeitgeber:innen von Bedeutung, denn motivierte Mitarbeiter:innen hängen sich mehr rein und tragen mehr zur Erreichung der Unternehmensziele bei.
«Wahrer Beruf für den Menschen ist nur, zu sich selbst zu kommen.»
– Hermann Hesse
DIE DUSCHE: DER KREATIVITÄTS-BOOSTER
Eine Dusche ist für viele Menschen ein willkommener Start in den Tag. Doch Duschen hat nicht nur eine reinigende Wirkung, sondern auch einen erheblichen Einfluss auf unsere Kreativität.
Eine Studie der Harvard University ergab, dass das warme Wasser und die entspannende Umgebung des Badezimmers einen Zustand der Entspannung und mentalen Freiheit schaffen. Dieser Zustand fördert die Bildung von neuen Verbindungen zwischen den Gehirnzellen und ermöglicht uns, Probleme aus einer anderen Perspektive zu betrachten.
Während des Duschens sind wir oft in einem Zustand der Ablenkung, in dem unsere Gedanken frei umherschweifen können. Diese Ablenkung von alltäglichen Sorgen und Verpflichtungen ermöglicht es unserem Gehirn, sich auf ungewöhnliche Ideen und kreative Lösungsansätze zu konzentrieren. Dieses Phänomen wird oft als "Duscheffekt" bezeichnet.
Doch wie können wir diese kreative Duschzeit optimal nutzen? Eine Möglichkeit besteht darin, ein Duschnotizbuch in Reichweite zu haben, um spontane Ideen oder Eingebungen festzuhalten. Auf diese Weise können wir sicherstellen, dass uns keine genialen Einfälle verloren gehen, sobald wir das Badezimmer verlassen.
«Nichts auf der Welt ist so mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist.»
– Victor Hugo
Power Posing – was bringt’s
Im Jahr 2010 hat ein Forscherteam der Harvard Business School mit einer Studie über das sogenannte Power Posing für Furore gesorgt. Um was geht es? Bei der Power-Pose – auch Superman-Pose genannt – legt man die Hände auf die Hüfte und streckt das Kinn hoch. Diese Körperhaltung sollte bei grosser Aufregung und Nervosität, beispielsweise vor Vorträgen oder Vorstellungsgesprächen, durch den Ausstoss bestimmter Hormone wie Testosteron und Cortisol für mehr Selbstbewusstsein und Selbstsicherheit sorgen.
In Fachkreisen wurde die Studie jedoch schnell diskreditiert – es seien gewisse wissenschaftliche Kriterien nicht eingehalten worden, zudem liessen sich die Forschungsergebnisse in Wiederholungsstudien nicht bestätigen. Trotzdem gehört Power Posing zu den beliebtesten Mythen in der Coachingwelt, wird noch heute empfohlen und gerne praktiziert. Dies liegt womöglich an der menschlichen Anfälligkeit für schnelle Lösungen für komplexe Probleme.
Die Körperhaltung hat gemäss validen Studien jedoch tatsächlich einen Einfluss auf die Psyche. Bewiesen wurde jedoch nur, dass eine zusammengesunkene Haltung sich negativ auf unseren psychischen Zustand auswirkt – aber nicht vice versa.
«Always hold your head up, but be careful to keep your nose at a friendly level.» – Max L. Forman
WANTED: UNDERPERFORMER
In den 80er-Jahren führte Jack Welch als CEO von General Electric die sogenannte Vitalitätskurve ein. Gemäss diesem Modell erbringen 20% der Angestellten eine Topleistung, 70% arbeiten angemessen, 10% sollte man entlassen. Auch heute gibt es noch Firmen, die auf dieses «Überlebensmodell» setzen, ohne sich der langfristigen Konsequenzen bewusst zu sein.
Hochleistungsteams planen ein, dass sie eventuell gezwungen werden, 10% ihres Teams zu entlassen. Dies wollen sie nicht, also holen sie sich extra «Low Performer» ins Team. Diese fungieren als Puffer und werden von ihrem Hochleistungsteam angewiesen, ja keine Topleistungen zu erbringen. Stattdessen sollen sie sich auf ihr Studium, auf Sport oder sonst was konzentrieren. Natürlich zum vollen Lohn – und mit der Gefahr, bei der nächsten Entlassungswelle dran zu sein. Das Team kann sich dafür auf seine Kernarbeit konzentrieren und muss sich nicht um Metriken kümmern oder um seine Stellen bangen, da bereits klar ist, wer die «Low Performer» sind.
«Es macht einen entscheidenden Unterschied, Arbeitszeit zu bezahlen oder Leistung zu honorieren.» – Georg-Wilhelm Exler
Wie die Erfindung des Taschenrechners beinahe unterging
Im Jahr 1967 erfand US-Physiker Jack Kilby den ersten Taschenrechner mehr oder weniger nebenbei. Er hatte Jahre zuvor den ersten Mikrochip der Welt erfunden, dessen Potenzial aber von seinem Arbeitgeber Texas Instruments sowie in Fachkreisen völlig ignoriert wurde. Also setzte er sich daran, ein konkretes Anwendungsbeispiel dafür zu bauen. So entstand «Cal Tech», der erste Taschenrechner – damals noch 2,5 Pfund schwer, also nicht wirklich hosentaschentauglich. Auch von dieser Erfindung war Texas Instruments wenig beeindruckt, sodass es die japanische Firma Canon war, die die erste Serienproduktion von Taschenrechnern startete.
Die ersten Rechner wurden noch für über 400 Dollar verkauft. Circa 1972 gelang der Durchbruch, als die Preise und das Gewicht mächtig sanken und auch Schulen die Erfindung im grossen Stil einsetzten. Erst im Jahr 2000, also nach 42 Jahren, erhielt Jack Kilby den Nobelpreis in Physik für seine Erfindung des Mikrochips, dessen Bedeutung für die Computerindustrie bis heute essenziell ist.
«Menschen mit einer neuen Idee gelten so lange als Spinner, bis sich die Sache durchgesetzt hat.» – Mark Twain
Das Problem mit der Zeit
Wie man sich die Zeit richtig einteilt und Tasks priorisiert, beschäftigt uns seit Anbeginn der Zeit. Die Eisenhower-Matrix ist ein bekanntes Modell, das Abhilfe schaffen soll. Gemäss diesem Modell erstellt man eine Matrix mit zwei Achsen: «Wichtigkeit» und «Dringlichkeit». Ist etwas wichtig und dringlich, hat es automatisch erste Priorität. Dringliche, aber weniger wichtige Tasks kann man delegieren. Wichtige, aber nicht sehr dringliche Tasks plant man für später ein. Ist etwas weder wichtig noch dringlich, kann es guten Gewissens im «Backlog» landen.
Das klingt relativ simpel. Doch wieso scheitert man oft an der Anwendung des Modells? An erster Stelle ist es wichtig, die Begriffe «Wichtigkeit» und «Dringlichkeit» klar zu definieren. Dabei können Fragen helfen wie: Was sind die Konsequenzen, wenn ich diese Aufgabe erst morgen oder nächste Woche erledige? Muss diese Aufgabe zwingend von mir erledigt werden? etc. Diese Gedankenexperimente helfen, ein klares Verständnis der Matrix zu haben, die man im besten Fall mit dem ganzen Team teilt; so funktioniert auch das Delegieren besser. Eine wichtige dritte Dimension fehlt der Eisenhower-Matrix: Wie lange dauert die Erledigung der Aufgabe?
Am wirksamsten gegen Zeitmanagement-Chaos ist es jedoch, eine gute «Zutrittskontrolle» zu haben, meinen Wirtschaftspsycholog:innen. Denn oft nimmt man Aufgaben an, die gar nicht zum eigenen Aufgabenbereich gehören, und hinterfragt sie erst kritisch, wenn sie schon auf dem Workload-Stapel liegen. Verhindert man das erfolgreich, wird der Stapel kleiner und die prioritären Aufgaben werden besser erledigt.
«Man sollte nie so viel zu tun haben, dass man zum Nachdenken keine Zeit mehr hat.» – Georg Christoph Lichtenberg
Wer hat’s erfunden? Der Streit um die Nudeln
Zwischen China und Italien gab es einen jahrhundertelangen Streit: Beide Länder behaupteten, die Nudeln erfunden zu haben. Im Jahr 2005 wurden jedoch bei Ausgrabungen in China Belege dafür gefunden, dass Nudeln dort bereits vor circa 4000 Jahren konsumiert wurden. Der offizielle Streit nahm somit ein Ende.
Das soll aber nicht heissen, dass die Italiener den Chinesen das Pastamachen abgeguckt haben. Lange glaubte man auch, dass Marco Polo auf seinen Reisen die Nudeln von China nach Italien brachte, was aber mittlerweile widerlegt ist. Der Entdecker brachte jedoch einige Nudelsorten und Rezepte nach Italien und hat so vermutlich zur schnelleren Verbreitung der Teigwaren in Italien und in ganz Europa beigetragen.
Gemäss dem aktuellen Forschungsstand sieht es so aus, als wären Nudeln unabhängig voneinander an mehreren Orten auf der Welt erfunden worden. Es war übrigens das arabische Volk im 12. Jahrhundert, das auf die Idee kam, Nudeln zum Trocknen aufzuhängen, um sie so haltbar zu machen.
«Life is a combination of magic and pasta.» – Federico Fellini
Affen im Grossraum-Büro
In einem Experiment bewohnten fünf Affen einen Käfig und in dessen Mitte stand eine Leiter mit Bananen auf der obersten Sprosse. Jedesmal, wenn ein Affe versuchte, zu den Bananen zu klettern, besprühte der Versuchsleiter alle Affen mit kaltem Wasser. Bald hinderten sich die Affen gegenseitig daran, hochzuklettern und keiner traute sich mehr die Leiter hinauf.
Dann ersetzte ein neuer Affe einen der anderen Affen im Käfig. Als erstes versuchte er natürlich, die Leiter zu erklimmen, lernte aber nach mehreren Schlägen durch seine Mitaffen schnell die soziale Norm, ohne dass er jemals selbst mit Eiswasser besprüht wurde. Genauso wie die vier anderen neuen Affen, welche die alten nach und nach ersetzten. Hätte man die Affen gefragt, warum sie nie auf die Leiter mit den Bananen klettern, hätten sie wohl gesagt: «Weiss nicht, wurde einfach schon immer so gemacht.»
Im Change Management überträgt man dieses Experiment gerne als Metapher auf ein Grossraumbüro oder eine Organisationskultur, selbstverständlich mit dem Aufruf, unbegründet etablierte Prozesse zu hinterfragen. Dabei sollte man zweierlei beachten: Erstens hat dieses Experiment nie so stattgefunden, es handelt sich um ein modernes Märchen. Zweitens zeigt die Geschichte, dass in unbegründeten sozialen Normen wertvolle Informationen gespeichert sein können. Zwar wussten die Affen am Schluss nicht mehr, weshalb sie die Leiter meiden sollten. Aber das schützte sie trotzdem vor dem Eiswasser.
«Science and technology revolutionize our lives, but memory, tradition and myth frame our response.»
-
Arthur M. Schlesinger
Jede Zentralbank ist anders
Zentralbanken haben zwar überall die gleiche Aufgabe, nämlich (sehr aktuell): Preisstabilität. Also die Inflation unter Kontrolle zu halten. Sie erfüllen diese Aufgabe aber mit unterschiedlicher Entschlossenheit und Effizienz, schon alleine aufgrund ihrer unterschiedlichen Organisation. Zum Beispiel gehört die Schweizerische Nationalbank (SNB) nicht dem Staat, sondern den Anteilseignern. Die Aktien sind frei an der Börse erhältlich und gehören den Kantonen, Kantonalbanken und privaten Investoren.
Die Europäische Zentralbank dagegen gehört den Zentralbanken der Mitgliedstaaten, und diese Zentralbanken gehören wiederum diesen Staaten. Die Deutsche Bundesbank zum Beispiel gehört dem Deutschen Bund. Die Ausnahme ist Belgien, wo - wie in der Schweiz und übrigens auch in Japan - die Zentralbank auf dem öffentlichen Markt gehandelt wird (allerdings dort ohne Stimmrecht der Aktionäre).
Die älteste Zentralbank ist die schwedische Riksbank, gegründet vor 350 Jahren aus den Ruinen ihrer Vorgängerbank, Stockholms Banco. Diese hatte die ersten Banknoten eingeführt, welche die schweren Kupfermünzen (je bis zu 20 kg) ersetzen sollten. Die neumodischen, handlichen Papiernoten waren ein grosser Erfolg. Nur hatten die Schweden so viel Freude daran, dass sie es etwas übertrieben und die Noten an Wert verloren.
Daraufhin schuf die schwedische Krone die erste Zentralbank mit dem Auftrag, für eine stabile Währung zu sorgen.
«The job of the Central Bank is to worry.»
Alice Rivlin
Wie Diamanten entstehen
Natürliche Diamanten bilden sich im Erdmantel, wo der Druck hoch genug ist, zwischen 250 und 800 km unter der Erde und bei Temperaturen von 1200–1400°C. Zum Vergleich: Gneis, ein anderes, weniger seltenes metamorphes Gestein, entsteht in etwa 10–20 km Tiefe und bei 500–700°C. Gasreiche vulkanische Magmen führen die Diamanten dann mit 70 km/h durch die Erdkruste an die Erdoberfläche, zuletzt mit Überschallgeschwindigkeit bei der Eruption aus einem Vulkan.
Dort werden Diamanten auch abgebaut: aus den Schloten von erloschenen Vulkanen. 80% aller Diamanten dienen der Industrie und Forschung, und nur die restlichen 20% mit ausreichend hohem Reinheitsgrad für Juwelen. Der Industriebedarf wird heute aber nicht abgedeckt, auch nicht mit synthetisch hergestellten Diamanten, obwohl sie häufiger werden und 50% günstiger sind als der aufwendige Abbau.
«Lieber ein Diamant mit Makel als ein Kiesel ohne.»
- Konfuzius
Stilles Wissen
Sogenanntes explizites Wissen ist leicht übertragbar. «Die Hauptstadt der Schweiz ist Bern» ist eine sprachlich kodierbare Information, und dadurch einfach zu lernen und weiterzuverbreiten. Stilles Wissen dagegen bedeutet, etwas zu können, ohne genau sagen zu können wie. Fahrrad fahren oder schwimmen funktionieren über komplexe physikalische Vorgänge, aber diese auswendig zu lernen bringt nichts.
Stilles Wissen erfasst komplexe Vorgänge, die man intuitiv über Gewohnheit lernt und die oft sehr ortsspezifisch sind. Explizites Wissen lernt man an Schulen und Universitäten, stilles Wissen auf dem Spielplatz oder in einem Unternehmen. Wie man mit Kunden und Mitarbeitern umgeht, oder wie man das perfekte Sushi kreiert.
Stilles Wissen ist eine Ressource, die schwierig abzubauen ist. Im Bereich der Wissensmodellierung versucht man sie in Prozesse zu fassen und eben explizit zu machen. In erstaunlich vielen Fällen erweist sich das stille Bauchwissen übrigens als treffsicherer als «verkopfte» systematische Abwägungen.
«Manche Praxis ist der Albtraum ihrer Theorie.»
-
Peter E. Schumacher
Zivilisation ohne Buchhaltung
Im Amazonas lebt der Stamm der Pirahã, berühmt geworden durch ihre aussergewöhnlich reduzierte Sprache. Sie kennt nur zehn Laute (Phoneme) und benennt keine Farben, sondern nur hell und dunkel. Sie kennt auch keine Zahlen oder Zeitangaben. Vor allem ist die Sprache nicht rekursiv («X sagte, dass Y dachte, dass Z wollte, dass…»), was es schwierig macht, komplexere Sachverhalte zu kommunizieren.
Warum ist dies so wichtig? Die Erforschung dieser Sprache zeigte, dass eine feature-rich-Sprache keine angeborene Fähigkeit ist, die genetisch vererbt wird, wie es Darwin vermutete. Sondern ein Artefakt, das wir uns selber basteln wie andere Werkzeuge. Es ist ein mächtiges Werkzeug, denn wenn wir die Dinge benennen können, können wir über sie nachdenken, Pläne formen und sie aneignen.
Die Pirahã schienen ähnlich zu denken, denn sie forderten die Linguisten auf, ihnen das Zählen beizubringen. Auch weil sie den Verdacht hatten, von ihren Nachbarstämmen beim Handeln übers Ohr gehauen zu werden. Nach ein paar Monaten gaben sie das Zahlen lernen wieder auf. Ihre Zivilisation hat ja lange genug ohne Buchhaltung funktioniert.
«Words are artifacts, and until man had speech, he couldn’t create any other artifacts, whether it was a slingshot or an iPhone or the tango.»
- Tom Wolfe, Kingdom of Speech
Wie Inspiration funktioniert
Inspiration bedeutet wortwörtlich Einhauchung und stammt aus der Antike, als sich Dichter als Empfänger göttlicher Eingebungen verstanden. Zwei Psychologen aus Rochester wollten sich mit dieser Erklärung nicht zufriedengeben und isolierten drei Kernaspekte von Inspiration.
Erstens, dass Inspiration ohne Absicht und spontan hervorgerufen wird. Dies passiert öfters bei Menschen, die offen für Erfahrungen und stärker mit ihren Aufgaben beschäftigt sind.
Zweitens erfahren inspirierte Personen lebhafte Momente der Klarheit und ein visionäres Bewusstsein für höhere Möglichkeiten. Und obwohl sie einen starken Drang haben, ihre Arbeit zu meistern, sind sie frei von dem Wunsch, ihren eigenen Status zu erhöhen und Konkurrenten zu übertreffen.
Drittens ist für Inspiration eine sogenannte Annäherungsmotivation charakteristisch, also die Erreichung eines positiven Zielzustandes. Inspirierte wollen nicht primär eine Niederlage vermeiden, sondern sind vielmehr von dem Wunsch beseelt, ihre Idee oder Vision zu verwirklichen.
Inspiration ist keine Charaktereigenschaft, sondern ein temporärer Zustand, auf den man eingehen kann oder nicht. Allerdings kann man Inspiration häufiger durch konstanten Effort hervorrufen, da kleine Erfolgserlebnisse zu einem Produktivitäts-Kreativitäts-Kreislauf führen. Auch führen inspirierende Personen im Umfeld oder Helden angeblich zu mehr Inspiration. Aus dieser etwas vagen Anleitung der Psychologen lässt sich schliessen: Sich gänzlich von Inspiration abhängig machen sollte man wohl nicht.
«Genius is one percent inspiration and ninety-nine percent perspiration.»
Thomas A. Edison
Too small to fail
Grössere Nationen müssten erfolgreicher und effizienter sein, aufgrund von Skaleneffekten. Mehr Einwohner bedeuten grössere Konsummärkte, und die Kosten pro Bürger sinken für öffentliche Einrichtungen. Schulen, das Gesundheitssystem oder die Polizei müssten also in den USA pro Bürger kostengünstiger sein als in Singapur und die relative Produktivität sollte steigen. Tatsächlich ist es aber meistens umgekehrt. Kleine Nationen wie die Schweiz oder Singapur haben ein höheres BIP pro Kopf als grosse Nationen.
Erklären lässt sich dies mit fallenden Skalenerträgen: Die Kosten grosser Nationen steigen mit wachsender Grösse, weshalb Imperien wie das Römische Reich oder das British Empire zwangsläufig irgendwann kollabierten. Wenn grosse Nationen vermeintlich im Nachteil sind, weshalb gibt es sie dann?
Bis vor der industriellen Revolution wurde der Reichtum einer Nation geopolitisch durch ihre Grenzen bestimmt. Natürliche Ressourcen und Bevölkerung wuchsen durch Eroberung und Kolonialisierung und ermöglichten weitere Expansion.
Durch Globalisierung, freien Handel und die Bedeutung von Innovation spielen geopolitische Ressourcen eine kleinere Rolle. Manche Ökonomen sehen daher eine (sehr langfristige) Trendwende hin zu kleineren Nationen.
«Smaller, nimbler and more cohesive societies should continue to outperform and others will seek to emulate their success. It is thus likely that we will see more of these societies in the future.»
- James R. Breiding
Weshalb Gruppen polarisieren
Viele Gesellschaften kennen das Phänomen der Polarisierung, wo sich meistens konservativere und progressive Pole bilden. Ein ähnlicher Vorgang lässt sich auch bei kleineren Gruppen beobachten, sei es bei Hooligans, Kaninchenzüchtervereinen oder Investmentbankern: der sogenannte Groupshift.
Groupshift bezeichnet das Verhalten, wenn Mitglieder einer Gruppe zu extremeren Positionen tendieren als normalerweise. Risikofreudige Mitglieder werden noch risikofreudiger, Risikomeidende Mitglieder werden noch zurückhaltender. Insgesamt tendieren Gruppen aber zum Risiko, weil dieses oft mit einem höheren sozialen Status in Verbindung gebracht wird. Risikofreudigere Menschen wirken auch selbstbewusster und können deshalb andere überzeugen, Risiken einzugehen. Besonders, wenn die Verantwortung für das Risiko nicht individuell, sondern kollektiv getragen wird.
Warum aber werden die Positionen extremer? Zunächst sind polarisierte Positionen einfacher erklärbar als differenzierte. Durch eine distinkte Extremposition erhält man innerhalb der Gruppe eine Identität und weiss, wo man dazugehört. Auch macht es spieltheoretisch Sinn, eine extremere Position einzunehmen, weil am Schluss ohnehin Kompromisse stattfinden.
«I’m a fan of polarization. If you make something that is palatable to everybody, it's like making vanilla ice cream, and I think we have enough of that.»
- Chris Stapleton
Geheime MBA-Noten
Der MBA (Master of Business Administration) wird überall auf der Welt angeboten, an einigen amerikanischen Unis gibt es aber eine Besonderheit: Die sogenannte Noten-Geheimhaltungspflicht, die den Absolventen untersagt, ihre Abschlussnoten potenziellen Arbeitgebern vor der Anstellung zu zeigen.
Diese Besonderheit gibt es nur bei Business-Schools, möglicherweise weil deren Studenten ein besseres Verständnis von Spieltheorie besitzen und einen Weg gefunden haben, mit weniger Aufwand für gute Noten vom Ruf des Abschlusses zu profitieren.
Eine Studie, durchgeführt von einer dieser Schulen (Smu Cox), wehrt sich aber gegen diesen Vorwurf und behauptet, dass die akademische Leistung an ihren Schulen mindestens gleich sei, weil ihre Studenten ohne den Druck der perfekten Note mehr Risiken eingehen und schwierigere Kurse besuchen würden. Allerdings blieben sie wesentlich kürzer bei ihrem ersten Arbeitgeber – ob sie unbrauchbar waren oder über ein besseres Netzwerk verfügten, konnte die Studie nicht beantworten.
«MBA programs are underwritten by large companies and they succeed at producing future employees of large companies. In that regard, they are doing exactly what they are supposed to be doing.»
- Lewis Schiff
M&A unter Mikroorganismen
Das multizelluläre Leben, zu dem auch wir Menschen gehören, basiert wesentlich auf einem biologischen M&A-Prozess. Für die ersten 2,5 Milliarden Jahre lebten Mikroorganismen getrennt als einzelne Zellen, und das war auch die einzige Lebensform, die auf der Erde existierte. Es gab Bakterien und die noch nicht so lange bekannten Archaea, welche in extremen Umgebungen wie in der Antarktis oder nahe Unterwasservulkanen überleben können.
Da geschah der Merger: Ein Bakterium fusionierte mit einem Archaeon, wurde zu seinem Zellkern, und die Eukrayoten entstanden, wovon alle Lebewesen mit Zellkern abstammen, also Pilze, Tiere, Pflanzen und Menschen. Ein einmaliges Ereignis, das sich nie mehr wiederholte, aber unsere Existenz ermöglichte.
Die Eukaryoten unternahmen weitere Kooperationen und Fusionen, indem sie vielzellige Konglomerate bildeten, die irgendwann so gross wurden, dass sie wiederum Bakterien beherbergen konnten. Dieser biologische M&A-Prozess wird bis heute fortgeführt: Heutige Schätzungen gehen davon aus, dass in Menschen bis zu 10-mal mehr “fremde” Mikroorganismen leben, als wir eigene Zellen haben.
“The merger between an archeon and a bacterium was so breathtakingly improbable that it has never been duplicated.”
– Ed Yong
I contain multitudes: The microbes within us and a grander view of life. Ed Yong.
Das Commonwealth wächst wieder
Mit Elizabeth II starb die am längsten amtierende Königin Grossbritanniens und, was etwas weniger bekannt ist, das Oberhaupt des Commonwealths. Dieses Amt war rein zeremoniell. Das Commonwealth wurde im Rahmen der Dekolonialisierung gegründet und umfasst heute 54 Staaten und über 2.5 Milliarden Menschen. Viele, aber nicht alle Staatsmitglieder sind ehemalige Kolonien wie zum Beispiel Kanada, Neuseeland, Indien oder Australien. Es gab 2022 sogar Neuzugänge, nämlich die ehemaligen französischen Kolonien Gabon und Togo - zum Ärger der Franzosen.
Der beste Beitrittsgrund sind vielleicht die Commonwealth Games, die alle 4 Jahre stattfinden. Alleinstellungsmerkmale sind Sportarten wie Cricket und Lawn Bowls (=Petanque), die bei den Olympischen Spielen nicht vorkommen.
Commonwealth Staaten sind ebenbürtige, souveräne Mitglieder und haben keine formalen Verpflichtungen zueinander. Es gibt aber eine erklärte Absicht zum Freihandel - insbesondere seit dem Brexit, wodurch das UK wieder eigene Handelsabkommen abschliessen darf. So zum Beispiel der Anfang Jahr unterzeichnete Freihandelsvertrag mit Neuseeland, dessen Frühstückseier Elizabeth II besonders schätzte.
«I myself prefer my New Zealand eggs for breakfast.»
- Queen Elizabeth II, die kulinarischen Vorteile des Freihandels im Commonwealth geniessend
Wie ein globales Handelsimperium Milch salonfähig machte
Von der Finanzierung über die Produktion bis zum Preis ist Milch eines der am strengsten regulierten Nahrungsmittel. Dies ist das Ergebnis eines jahrtausendealten Streits. Alle Säugetiere sind dadurch definiert, dass sie Milch trinken. Aber allein der Mensch tut dies noch im Erwachsenenalter, aber auch nur jene Menschen, die Laktose abbauen können. Wegen ihrer Verderblichkeit war Milch besonders in wärmeren Gegenden lange nicht populär. Die Römer ekelten sich über den masslosen Milchkonsum der nordischen Kelten und beschimpften sie als barbarische Butterfresser.
Auch über 1000 Jahre später war Milch in Europa immer noch umstritten. Besonders die Holländer, die Butter und Käse besonders liebten, wurden als Käseköpfe verlacht. Bis sie sich von Spanien unabhängig machten, grosse Fortschritte in Kunst, Wissenschaft und Industrie erreichten und ihr eigenes Handels- und Finanzimperium aufbauten.
Die europäische Wahrnehmung der Holländer änderte sich: Die Käseköpfe galten plötzlich als brillant. Man spekulierte über die Ursache ihrer Genialität, und vermutete diese in der Milch. Tatsächlich gibt es heute neue Hinweise, dass sich Milch positiv auf das Gehirn auswirkt. Aber wie alles, was Milch betrifft, ist auch dies hoch umstritten.
“Seemingly overnight, the Netherlands became a global trading empire and leading maritime and economic power of the world. Suddenly, the cheese heads were considered brilliant.”
– Mark Kurlansky
Disziplinierte Faulheit als kompetitiver Vorteil
Eine verbreitete kognitive Verzerrung ist das Alles-oder-nichts-Denken, insbesondere im Bezug auf die eigenen Fähigkeiten. Entweder man kann etwas sehr gut oder überhaupt nicht. Psychologen wollten es genauer wissen und haben angefangen, Talent bei Violine-Studenten zu untersuchen. Dabei verglichen sie deren Elite mit den lediglich Durchschnittlichen. Nur die Elite wurde in der Regel zu Konzert-Violinisten, während der Rest als Musiklehrer tätig sein würde.
Dabei stellte sich heraus: Beide Gruppen übten genau gleich viel, aber unterschiedlich. Die Elite-Violinisten übten bewusster. Sie befolgten nicht nur die regulären, vorgeschriebenen Übungsabläufe, sondern probierten systematisch, ihre individuellen Schwächen methodisch zu verbessern. Ein unangenehmer, von Scheitern durchzogener Prozess, der aber als sehr effizient gilt.
Trotzdem wirkten die Elite-Violinisten eher faul. Denn sie übten in dichten, klar eingegrenzten Zeitabständen, wodurch sie längere Entspannungsperioden hatten. Auch schliefen sie durchschnittlich eine Stunde mehr als ihre durchschnittlichen, ständig beschäftigten Konkurrenten.
“Human beings are the only species that deliberately deprive themselves of sleep for no apparent gain. Many people walk through their lives in an underslept state, not realizing it.”
– Matthew Walker, Neurowissenschaftler